Ein Quäntchen Zufriedenheit
- Selina
- 20. Apr. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Apr. 2020
Die letzten Tage waren für mich eine reine Berg- und Talfahrt. Ein Mix von Ausgeglichenheit, ein Quäntchen an Normalität, starke Sehnsucht nach Familie und Freunden, Angst, aber auch Zuversicht...

Das sonnige Wetter ist mehr als Balsam für die Seele. Wir sitzen gemeinsam in unserem Gärtchen. Wir spielen mit unserer Tochter und sehen ihr dabei zu, wie sie Grashalm für Grashalm entdeckt, sie den Ameisen ohne Ekel hinterherjagt und die Welt mit ihren neugierigen Augen entdeckt. Vom ungewissen Covid19 ist in ihren großen blauen Augen nichts zu erkennen.
Wir gehen täglich spazieren. Abseits von allen und allem, damit wir uns weder über das unachtsame Verhalten anderer ärgern müssen, noch selbst in beklemmende Situationen kommen.
Auch die, im Zweitagesrhythmus wechselnden Joggingrunden sind zu einem festen Bestandteil geworden.
Wir haben Routinen geschaffen, die uns beschäftigen und uns ausgleichen
Doch trotzdem gibt es Momente, in denen mir flau wird. Ich werde ruhig und merke, wie mir meine Gedanken abhauen. Ich verliere mich in einer Vermissungs-Attacke. Denke verstärkt an meine Eltern und frage mich, wann ich sie das letzte Mal so richtig gedrückt habe und wann ich sie wohl endlich wieder in den Arm nehmen kann. Ohne jegliche Art von Gewissensbissen.
Wann werde ich endlich den heranwachsenden Babybauch meiner Freundin betrachten können und mit meiner Hand die süßen kleinen Bewegungen ertasten dürfen? Wie groß werden die Spielgefährten unserer Tochter bei dem nächsten Treffen sein? Werden sie sich nach dieser Zeit wiedererkennen?
Auch mich trifft die nachdenkliche Phase und ich bemerke, wie mich diese Phase in immer kürzeren Abständen einholt.
Und doch hatte ich da heute plötzlich dieses Kribbeln im Bauch

Bevor ich die Haustür hinter mir schloss und in meiner Tasche kontrollierte, ob ich auch ja meinen Hausschlüssel und das Handdesinfektionsmittel eingepackt hatte, ertastete ich einen Lippenstift. „Ach, warum auch nicht?“, dachte ich und trug ihn auf.
Mal ehrlich, ich dusche selbstverständlich jeden Tag, ziehe mich ordentlich an und kann auch noch guten Gewissens in den Spiegel blicken. Aber so viele Gelegenheiten um mich richtig aufzuhübschen, bringt der zurückgezogene Alltag derzeit nicht mit sich. Deshalb bleiben schickimicki Utensilien vorgezogen im Schrank. Aber wenn ich ihn jetzt schon mal in der Hand habe und mal highlightmäßig das Haus verlasse, why not?
Ich setzte mich ins Auto. Alleine.
Wie die letzten Tage schien die Sonne. Ich rückte meine Sonnenbrille zurecht und ließ wohl genau die richtige Playlist laufen.
Ich dachte an gestern Abend. Wir kochten mit Freunden Pad Thai. Das Date war bereits vor der Corona Zeit ausgemacht. Es sollte ein gemeinsamer Kochnachmittag werden, doch an ein persönliches cooking-meet-and-greet ist derzeit nicht zu denken. Deshalb musste eine Alternative her.
Wir gingen zuvor einkaufen, übergaben die Zutaten al a Lieferservice und verabredeten uns dann schlussendlich gestern zu einer Web-Koch-Session. In unseren beiden Küchen war bereits alles vorbereitet. Töpfe, Schälchen mit Geschnittenem, die Tische waren gedeckt. Miteinander Kochen einmal anders bitte. Aber... ach Gott, haben wir miteinander gelacht, teilweise über echt Banales. Aber sei’s drum, auch wenn es mir generell schwerfällt, mich in einem digitalen Gespräch „treiben zu lassen“, war es total erfrischend. Endlich mal wieder Freunde zu sehen und mit ihnen in gewisser Weise Zeit zu verbringen. Nach dieser Action war ich wie beschwipst, völlig aufgedreht. Auch wenn ich ein paar Minuten später völlig platt auf dem Sofa eingeschlafen bin. Ohne, dass ich es vorher in Erwägung gezogen hätte, gab mir der Abend doch irgendwie Energie zurück.
Die Musik tat nun ihr Übriges, ich war im Flow. Als würde ich durch den Frühling schweben. Für diesen Moment war all das Schwere und Ungewisse des Frühlings 2020 wie weggeweht.

Ich klappte den Kosmetikspiegel im Auto runter und schaute mir in die Augen.
Für diesen Augenblick war ich zufrieden. Das undefinierbare Kribbeln da, ließ mich schon fast im Auto tanzen. Ich drehte die Musik auf und gab alles.
Hier in meinem Auto war ich sicher. Sicher vor Mithörern, vor Viren, vor den Nachrichten, auch vor den umherfliegenden Pollen. Meine Maus war Zuhause bei Papa und ich war für mich und nur bei mir.
Unbekümmert und unbeschwert genoss ich die letzten Minütchen meiner Autofahrt.
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